ZWISCHEN POLENS DÖRFERN UND TOKIOS STRASSENSCHLUCHTEN
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Beim 12. TFF.Rudolstadt verbindet Weltmusik die Welten
Samstagabend, Heinepark, die Dämmerung bricht über uns
herein, und von der großen Bühne jagt in high speed
ein Evergreen-Zitat das nächste, die Gogo-Girls strahlen
unter blonden Perücken zu manischer Aerobic um die Wette
und lassen ein Dutzend durchgeknallter Bläser zappeln oder
umgekehrt. Ein heliumgefüllte silberner Riesendrache schwebt
über der tobenden Masse, bis mystisch-weiße Feuerspucker
ihn vertreiben − das ist das Shibusashirazu Orchestra, ein
hypnotisierender 90minütiger Liveclip Japanese style!
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KNIEFIEDELMAGIE UND LÄNDERSCHWERPUNKT POLEN
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Zur gleichen Zeit vorm Theater: Unter den vielen, die keinen Einlaß
mehr zur KnieFiedelMagie, dem Konzert zum Magischen Instrument
des Jahres, der Kniegeige, gefunden haben, lauscht Bürgermeister
Dr. Franz der Außenübertragung. "Eines der besten
Magie-Konzerte überhaupt", schwärmten die Leute
schon tags zuvor auf dem Markt von Dhruba Ghosh, Ross Daly & Co.
Mit: Peter Biffin (AUS), Ross Daly (GBR/GRE), Dhruba Ghosh (IND),
Susanne Heinrich (GER), Kayhan Kalhor (IRN), Georgi Petrov (BLG),
Outi Pulkkinen (FIN), Wu Wei (VRC)
Hält Polen, was wir uns vom Länderschwerpunkt versprochen
haben? Aber sicher! Die Craców Klezmer Band verschlägt
uns in der Stadtkirche fast den Atem; in einer wunderbaren Revue
entführen uns Irena Cisek, die Kapela Stanislawa Stepniaka
u.a. in Polens Dörfer, und schließlich machen Trebunie
Tutki & Kinior Future Sound glauben, die Tatra-Weisen hätten
ihre eigentliche Bestimmung schon immer in der Dancehall.
Mit: Irena Cisek, Craców Klezmer Band, Ula Dudziak, Kontraburger,
Manugi, Kapela Stanislawa Stepniaka, Trebunie Tutki & Kinior Future
Sound u.a.
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FOCUS REGIONAL: RUHRPOTT
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Daß sich Stoppok, im Focus Regional zum Ruhrpott aufgeboten,
längst vom Helden der Studentenclubs zum Festival-Zugpferd
gemausert hat, bestätigt sich auch in Rudolstadt. Seine Songs,
die Klasse der Band und mehr noch seine launigen Ansagen machen
die große Parkbühne zum Magneten. Um uns herum bewegen
sich textsichere Münder unter bald lächelnden, bald
nachdenklich sinnenden Augen. S.O.G. bringen erwartungsgemäß
das Konzertzelt und später auch den Neumarkt zum Kochen,
während Schwarz/Rot Atemgold 09 ein gutgelauntes Publikum
von ihrer Version einer postindustriellen Knappenkapelle überzeugen.
Mit: Frank Baier, Karibuni, Schwarz-Rot Atemgold 09, S.O.G., Stoppok
u.a.
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NEUER FOLKPREIS, NEUER NAME: "RUTH"
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"Was lange währt, wird endlich RUTH", war die
Botschaft, die Freitagabend bei mehr als 1 000 erwartungsfrohen
Leuten auf dem Markt ankam. Nach 10 Jahren Deutscher Folkförderpreis
hat das Preisträgerkonzert zum nunmehrigen Folkpreis RUTH
nicht nur einen neuen, grösseren Platz, sondern auch eine
neue Qualität gewonnen. Erstmals konnten sich Sieger in
drei Kategorien über die hölzernen Trophäen freuen.
Deutsche RUTH: Daniel Kempin & Dimitry Reznik, Frankfurt a.M.
Globale RUTH: Di Grine Kuzine, Berlin
Neue RUTH: Törnmeister, Köln
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GROSSE NAMEN, GROSSARTIGE (und umstrittene) KONZERTE
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natürlich ist das 12. TFF auch ein Festival der grossen Namen:
Yann Tiersens von 3 000 Leuten herbeigesehnter Auftritt gerät
beim donnerstäglichen Vorabkonzert nach Meinung vieler allzu
kurz. Der introvertierte Bretone irritiert vor allem jene, die
sich ein reines Amelie-Konzert versprochen hatten, als Anti-Entertainer.
Auch Willy deVille polarisiert die Massen, die sich Freitagnacht
Brust an Röcken an Schulter vor der Bühne drängen.
Von "traumhaft arrangiert" und "ein absoluter Hochgenuß"
bis "viel zu glatt gebÜgelt" hören wir die
volle Palette der möglichen Reaktionen. Einiger im positiven
bis überschwenglichen Urteil zeigt sich das Publikum bei
Haindling, Hoven Droven und auch bei Los de Abajo Samstagnacht
im Park. Während uns die Schweden im Handumdrehen die Furcht
nehmen, skandinavischer Folk müsse unbedingt unterkühlt
bis schwermütig sein, zelebrieren die Mexikaner eine furiose
Hochzeit von politischem Statement und Latino-Party.
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