DER DEUTSCHE FOLKPREIS "RUTH" 2004

Gewinner der Kategorie "Deutsche RUTH":

HISS

Hiss vermählt die Polka polnischer Auswanderer mit jamaikanischer Gelassenheit, deutsche Abschiedsklänge mit der Hitze der Südstaaten, Europa mit Afrika, Ost mit West. Kraftvoll und ohne falsche Scham blasen sie jene Klänge nun von der Rampe, während wir staunen und lauschen oder aber staunen und tanzen. Was Hiss heute bringt, klingt nach den rauhen Tundren Finnlands, nach der Dürre des nordmexikanischen Sommers, dem Liebreiz Transsylvaniens und der Schwüle in den Sümpfen Louisianas. Ob es nun eigene deutschsprachige Wer, Skispringerhymnen oder Gauchotänze sind, alles ist durchweht von Forschergeist und Risikofreude.
Seit ihrer Gründung im Jahre 1995 veröffentlichte das nach Band-Leader Stefan Hiss benannte Quintett bereits vier CDs und spielte auf unzähligen namhaften nationalen und internationalen Festivals. 1997 wurde der Titel "Negerpolka" für den Rio-Reiser-Songpreis nominiert. Im November 1997 wurde ihnen der Förderpreis der SDR-2-Liederbestenliste (Musikkritikerpreis) verliehen.
Für die letzte CD "Polka für die Welt" reiste die Band um die halbe Welt und stieß dabei auch in den entlegendsten Gegenden auf Polka-Rhythmen.
Ein Konzert von Hiss ist eine vergnügliche aber keinesfalls immer leichtfüßige musikalische Reise um den Globus. Hammerharte, bitterböse Texte, die voller Sarkasmus in den Untiefen der menschlichen Seele stochern. So unterschiedlich wie die Rhythmen sind die Themen der Songs: deutsche Bierseligkeit, Chauvinismus, Liebeskummer und das Tabuthema Tod sind nur einige der Inhalte, um die HISS -Texte kreisen.

Die Jury hält HISS für preiswürdig, weil die Band innerhalb des zu bewertenden Umfelds insbesondere durch ihre eigenständigen Texte auffällt und ihre Arrangements sowohl differenzierter gestaltet als auch filigraner an den Instrumenten umsetzt. Wo manche sich leicht in Speed und Lautstärke verlieren gelingt es HISS, eine - im Vergleich - quasi kammermusikalische Variante zu präsentieren.  Da bleibt noch Platz für den Kopf, wenn man der Musik zuhört, und es geht nicht nur in den Bauch oder die Beine. Dass sie dabei auch in der Lage sind, über den deutschen Tellerrand hinauszublicken, hat ihnen trotz der hier zu verhandelnden Kategorie "Deutsche Roots" nur positives Feedback bei den JurorInnen eingebracht.

Stefan Hiss: Gesang, Akkordeon
Thomas Grollmus: Gitarren, Mandoline, Gesang
Patch Pacher: Schlagzeug, Gesang
Michael Roth: Mundharmonika, Gesang  
Volker Schuh: Bass

Kontakt/Booking:
JFK Joachim Fischer Konzertbüro
Königsalle 43 - 71638 Ludwigsburg
Tel.: 0 71 41/12 56 20 Fax: 0 71 41/12 56 29
E-mail: jfkonzerte@aol.com
www.hiss.net

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Preisträger der "Globalen RUTH": Wu Wei

Wu Wei, geboren 1970 in der südost-chinesischen Provinz Jiangsu, erhielt bereits mit fünf Jahren Unterricht auf der chinesischen Stabgeige Erhu. Mit 15 begann er sein Studium der Mundorgel Sheng an der Kunstakademie von Nanjing. Von 1989 bis 1993 absolvierte er als Meisterschüler das Studium dieses Instruments am Musik-Konservatorium von Shanghai und gewann in dieser Zeit bedeutende nationale wie internationale Wettbewerbe für traditionelle chinesische Musik. Konzertreisen durch China, Japan, die USA und Europa eröffneten ihm den Zugang zu außerchinesischen Musiktraditionen. Erste Projekte mit europäischen Musikern führten ihn bereits in Shanghai an Jazz und Neue Musik heran. Mit einem Künstler-Stipendium des DAAD kam Wu Wei 1995 an die Hochschule für Musik Hans Eissler nach Berlin, wo er seither lebt und seinen musikalischen Horizont durch das Studium der westlichen Jazztraditionen ebenso erweiterte wie in der Kooperation mit Musikern unterschiedlichster Provenienz. 1999 wurde er Stipendiat des Berliner Senats und gewann zuletzt 2002 den Ersten Preis im Musikwettbewerb "Musica Vitale" in Berlin und Brandenburg.

Zwar kommt Wu Wei von der chinesischen Klassik her; er ist jedoch genauso offen für moderne und improvisierte Musik, für Einflüsse aus Weltmusik, Jazz, Neuer Musik oder Minimal Music. Seit Jahren ist er auf der Suche nach einer eigenen, musikalischen Sprache. Er experimentiert auf seinen  Jahrtausende alten, chinesischen Instrumenten, um verborgene Klänge zu finden und versucht, mit Eigenem der modernen Musik neue Klangwelten zu eröffnen. Durch seine reichen Erfahrungen kreierte er auch neue musikalische Dimensionen für die eigene traditionelle, chinesische Instrumentalmusik.
 
Die Jury verleiht Wu Wei den Preis, weil sie in seinen vielfältigen Aktivitäten der letzten 18 Monate eine unbändige Lust auf ständiges Entdecken von musikalischem Neuland spürt, seine Kooperationen ohne Rücksicht auf musikalische Grenzen schätzt, seine kompositorischen Fähigkeiten achtet und bei all dem seine Präsenz auf der Bühne nicht außer Acht gelassen hat.
Ob als Solist mit großem Orchester als Partner, im Duo mit Schlagzeug bzw. chinesischer Zither, im Trio mit ethno-orientierten Jazzern: der noch junge chinesische Musiker überzeugt mit einem eigenständigen musikalischen Ausdruck auf der Sheng, manchmal auch auf der Erhu. Dass er dies in einer Zeit tut, in der manch eine Medienanstalt den Superstar sucht oder das Hörfunkprogramm nach "Breitenwirkung" ausrichtet, hat ihm bei der Jury durchaus zusätzliche Punkte eingebracht. In einem Umfeld von noch anderen preiswürdigen Nominierungen dieser am besten besetzten Preiskategorie sah die Jury in diesem Votum auch ihre Aufforderung an Publikum, Medien und Veranstalter realisiert, sich den anderen Tönen abseits des Mainstreams weiter zu widmen.

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Gewinner in der Kategorie "Newcomer":

1. "Yalla Babo Express Orchestra"

Das Yalla Babo Express Orchestra ist ein noch sehr neues Ensemble, wie es multikultureller kaum sein könnte. Ursprünglich aus dem Trio "Sedamogh" (IR/TR/D) entstanden, entwickelte sich dieses in Hessen beheimatete Projekt von Musikern aus der Türkei, dem Iran, Deutschland, Österreich, Ungarn, und Tschechien innerhalb nur eines Jahres zu einer Formation, die fast alles spielt, was vom indischen Subkontinent bis zum Mittelmeer die Beine zum Tanzen bringt.

Unabhängig von irgendwelchen konzeptionellen Zwängen geht es allein um die pure Lust an Rhythmus, Klang und Melodie. Banderi vom Persischen Golf, Tanz- und Kaffeehausmusik aus der Türkei und dem Nahen Osten, Zigeunerklassiker aus Bulgarien, Albanien und Mazedonien, Tammurriate aus Süditalien - ein unglaublicher Mix der unterschiedlichsten Musiktraditionen, gespielt auf Instrumenten, die man wirklich nicht alle Tage zu Gesicht und Gehör bekommt! Denn: so bunt zusammengewürfelt wie das Repertoire ist auch die Besetzung. Kennen gelernt haben sich die MusikerInnen vorwiegend durch die Arbeit in verschiedenen Ensembles, die mittelalterliche Musik spielen (u.a. "Sedamogh", "Oni Wytars", "Sarband", "Gothart"). Sie hat sie über viele Jahre geprägt. Mit dem Projekt Yalla Babo Express Orchestra und seiner garantiert schillernden Mischung verschiedenster Stilrichtungen von traditionell bis Ethno Jazz, dokumentiert auf der ersten CD "Limón?", gehen sie einen neuen Weg.
Die Jury hat dem Yalla Babo Express Orchestra den ersten der beiden Newcomer-Preise (und auch in dieser Reihenfolge!) verliehen, weil sie von der Lebendigkeit des Vortrags, der Differenziertheit der Stücke auf der CD, dem äußerst geschlossenes Klangbild der Band und ihrer exzellenten Musikalität überzeugt ist. Die Stimme passte sich gut ins Gruppengefüge ein, die Instrumentalisten umschlossen die Stimme mit stilistisch interessanten Klängen. Es mag sein, dass die Jury sich zudem noch von der Musik hat einfach begeistern lassen und sich wünscht, dass dieser Neubeginn einen langen Bestand hat...

Atilla Öztürk: g-clar., voc.
Veronika Neundorf: voc., 5-str.-viola
Peter Rabanser: voc., oud, baglama, tamburica, tammorra, gajda, ney
Carsten Schober: voc., tn-sax, riqq, cister
Anja Herrmann: voc., zils, shaker, tamburello, cast., bendir, darbuka, tapan
Davoud Nourdanesh: voc., darbuka, dogholla, davul, zarb, duff
Stefan Schicklgruber: kontrabass, fretless-bass

Kontakt:           
Atilla Öztürk
Marburger Str. 15
35112 Fronhausen
06426-930254
info@yallababo.de

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2. Zoriya

Die in Berlin lebende Sängerin Zoriya stellt die Musik, die sie aus ihrer Heimat Israel mitbrachte, in einen neuen Kontext. "Wir greifen traditionelle Themen auf und interpretieren sie nach unserem heutigen Verständnis. Dadurch schaffen wir eine Brücke zur Gegenwart, die unsere Zuhörer in surreale Landschaften entführen soll." Traditionelle jemenitische Lieder treffen auf Popsongs, wie man sie von Achinoam Nini kennt, und auf akustischen Pop, der auch von Jeff Buckley stammen könnte.
Zoriyas Gesang fühlt sich wie eine warme Brise an. Tiefe Klänge erfüllen den Raum, weiche Töne und erdige Rhythmen vermischen sich mit der Energie von psychedelischen Klängen, die die Weite der Wüste erahnen lassen.
Nach ihrer Gesangsausbildung an der Ruben Academy in Jerusalem kam sie 2000 nach Berlin. Hier lernte sie den aus Libanon stammenden Percussionisten Khader Ahmad kennen. Sie gründeten eine Band und nannten ihr ungewöhnliches Miteinander "Two Knifes together". Dass sie Israelin und er Palästinenser ist, störte beide nicht sondern motivierte sie zusätzlich nach musikalischem und menschlichem Verständnis zu suchen. So multikulturell die Bandbesetzung Zoriyas manchmal ist, umso entschiedener fokussiert ist die zumeist von Zoriya komponierte Musik: orientalisch, jemenitisch, rhythmisch - eine intime musikalische Begegnung mit jahrtausende alten Kulturen.
 
Die Jury hat Zoriya einen zweiten Newcomer-Preis zuerkannt, weil sie in der Arbeit dieser jungen Musikerin einen interessanten und qualitativ bemerkenswerten Ansatz sieht. Sie verbindet mit der Verleihung des Preises ausdrücklich den Wunsch nach Förderung einer Musikerin, die sicher noch nicht in allen Belangen ihrer musikalischen Entwicklung an der Grenze ihres Könnens angelangt ist - deren bisheriger Weg aber zu schönen Hoffnungen berechtigt, wenn sie ihre ausgezeichnete Stimme langfristig einbettet in ein festes Ensemble.

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Ehren-RUTH: Walter Moßmann

Die Ruth-Auslober MDR, PROFOLK und TFF.Rudolstadt verleihen Walter Moßmann die Ehren-Ruth 2004, weil sie damit die Besonderheit seines bisherigen Lebenswerkes in den Mittelpunkt stellen möchten. Dieses beinahe unüberschaubare Gesamtwerk kann nie ohne sein politisches Engagement gesehen werden. Walter Moßmann stellt ein lebendiges Beispiel für die Einheit des künstlerischen Schaffens mit der Kritik an den bestehenden Verhältnissen und Ungerechtigkeiten dieser Welt dar. Er lebt diese Einheit bis heute und war dabei inmitten seiner zahlreichen Aktivitäten auch immer einer der wichtigsten Vertreter der deutschen Liedermacherszene seit ihren Anfängen.

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Zoriya